Deutsche Nachrichtendienste im transatlantischen Paradigmenwechsel und im Angesicht massiver globaler Bedrohungen
Angesichts der globalen Machtverschiebungen zwischen den USA, Russland und China und einem transatlantischen Paradigmenwechsel in der westlichen Staatengemeinschaft ist die zivile wie militärische Sicherheitsarchitektur Deutschlands und Europas grundlegender denn je herausgefordert.
Als „erste Verteidigungslinie“ unserer Demokratie, Freiheit, Prosperität und Zukunftsperspektiven sind hierbei Nachrichtendienste in besonderer Weise exponiert und in der Pflicht. Sie sind gehalten, als Erste Sicherheitsbedrohungen und Risiken zu erkennen, zu analysieren und mit ihrer Berichterstattung oder auch Warnfunktion zu einer adäquaten und zeitgerechten Entscheidungsfindung von Regierung und Behörden beizutragen.
Der sich immer deutlicher abzeichnende transatlantische sicherheitspolitische Paradigmenwechsel wird die nachrichtendienstliche Kooperation zwischen europäischen Staaten, Australien, Neuseeland, Kanada und Japan als gleichgesinnte Partner beeinflussen. Wie wird sich das Verhältnis zwischen der bisherigen nachrichtendienstlichen Unterstützung der EU-Entscheidungsstrukturen und -prozesse (EU-INTCEN, EUMS.INT, SATCEN) und einer sich herausbildenden „Koalitionen der Willigen“ unter den EU- Mitgliedstaaten entwickeln?
Unter welchen Voraussetzungen könnten EU-Strukturen oder verbesserte intergouvernementale Formate intensivierter nachrichtendienstlicher Zusammenarbeit entstehen?
Welche Befähigungen müssen deutsche und europäische Dienste erwerben, welche Befugnisse müssen sie erhalten, um nötigenfalls auch mit reduzierter US-Unterstützung den erforderlichen Beitrag zur Existenzsicherung angesichts einer wachsenden Bedrohung der inneren und äußeren Sicherheit durch Spionage, Cyber-Operationen, Sabotage und Subversion bis hin zur direkten militärischen Bedrohung des europäischen Bündnisgebietes durch russische oder auch fernere Kräfte mit hybriden Mitteln leisten zu können?
Welche Konsequenzen wird diese neue Lage für den Aufbau einer adäquaten Sicherheitsarchitektur in Deutschland haben, besonders mit Blick auf die erforderliche Befähigungsoffensive der Dienste, die Einrichtung eines Bundessicherheitsrats und eines ressort- und länderübergreifenden Lage- und Analysezentrums, das seinerseits aufsetzt auf einer Struktur von gleichartigen Zentren in den Ressorts und in den Ländern?
Spezifische Fragen, die es auch im Rahmen der diesjährigen Konferenz zu diskutieren gilt, sind:
- Wie steht es um die personelle, materielle und strukturelle Ertüchtigung der deutschen Nachrichten- und Sicherheitsdienste?
- Was muss im Rahmen des verfassungsrechtlich Möglichen unternommen werden, um die Dienste rechtlich angemessen zu ertüchtigen?
- Wo und in welcher Weise benötigt die deutsche Sicherheitsarchitektur ein technologisches Update in Sachen Vernetzung, digitaler Sicherheit und KI-unterstützten Datenmanagements bis hin zur Einrichtung digitaler Plattformen für Lagefeststellung und Lagebeurteilung in Bundeskanzleramt und Ressorts?
- Wie soll eine efffetive und effizente Bund-Länder-Struktur in der angestrebten gemeinsamen Lagefeststellung und Lagebeurteilung organisatorisch abgebildet werden? Lassen sich hier Lehren aus den föderativen Kooperationsformaten der Europäischen Union, insbesondere der Analysestäbe EU INTCEN und EUMS.INT, ziehen?
- Welche Konsequenzen ergeben sich für die parlamentarischen und exekutiven Kontrollgremien und -instanzen aus dem globalen sicherheitspolitischen Paradigmenwechsel? Wie werden Kontrolle und Handlungsfähigkeit zu justieren sein?
Diesen und weiteren Themen widmet sich die Nachrichtendienst-Konferenz des Behörden Spiegel – seien Sie dabei!